Städtisches Bestattungswesen Meißen

Krematorium Meißen · Bestattung Meißen · Bestattungsinstitut Meißen

Gewöhnliche und ungewöhnliche Transporte mit der Schmalspurbahn nach Meißen Triebischtal

Begeben wir uns doch einmal in die Welt der Meißner Schmalspurbahnen, die einst nach Wilsdruff oder Lommatzsch führten. Auf dem riesigen Bahngelände an der Triebischtaler Jaspisstraße, gab es einmal einen der größten Spurwechselbahnhöfe in Sachsen. Ein umfangreicher Personen- und Güterverkehr der Bahn-Normalspur, Bahn-Schmalspur und der Güterstraßenbahn wurde dort abgewickelt. Hier hat man die einzelnen Güterwaggons entweder be- und entladen oder sie wurden auf dem Bahngelände umgespurt und auf Rollfahrzeuge bzw. Rollböcke zum Weitertransport verladen. Neben dem umfangreichen Transport von Baustoffen, Kohle, Milch, Zuckerrüben, Kartoffeln, Bier und Kaolin, gab es für die Eisenbahner manchmal auch etwas ungewöhnlichere Aufgaben zu erledigen. Der Transport von Verstorbenen gehörte dazu. Die Särge mit Leichen kamen oft mit der Kleinbahn aus den umliegenden Dörfern auf dem Güterbahnhof Meißen Jaspisstraße bzw. Meißen Triebischtal an, um dann von dort in das Krematorium Meißen zum Einäschern transportiert zu werden.

Die gute alte Kleinbahn in Meißen schnauft zwar schon lange nicht mehr, doch noch in den 1960er Jahren sah alles ganz anders aus. Die Kleinbahnstrecken nach Wilsdruff oder Lommatzsch waren in den sächsischen Transport- und Güterverkehr fest eingebunden. Gerade der noch lebhafte Güterverkehr zwischen den Dörfern des Meißner Umlandes und der Stadt selbst, konnte sich sehen lassen und transportiert wurde damals praktisch alles! Polsterwaren, Küchenschränke, Hühner, Pferde, Schnaps, Brause, Bier und eben auch Frischmilch.

Milchkannen kamen im Zug nach Meißen

Was früher einmal gang und gäbe war, klingt in der Gegenwart meist immer schon etwas ungewöhnlich. Und wenn man einst per Kleinbahn die Milch der Bauern aus den Dörfern um Meißen herum, in glänzenden Aluminiumkannen mit der Kleinbahn in die Molkerei nach Meißen Triebischtal brachte, war das einmal eine Normalität. Bis zu 50 Milchkannen kamen mit der Kleinbahn täglich in Meißen Triebischtal an. War das Milchaufkommen größer, dann wurde sogar ein zusätzlicher Waggon dem Zug beigestellt. Das ging bis ca. 1960 so, erst dann übernahmen LKW den Milchtransport. Doch wie lief das einst einmal ab?

Die Bauern auf dem Lande brachten früh am Morgen die Milchkannen mit dem Handwagen oder auch mit einem Pferdefuhrwerk, zur jeweiligen Kleinbahnstation. Mit dem Nachmittagszug kamen dann die leeren Kannen wieder zurück. Einfacher geht es auch nicht und trotzdem gab es oft genug Probleme. Gerade in den vielen einst noch frostreichen Wintertagen hatte die Bahn oft Verspätungen von bis zu zwei Stunden eingefahren. Ergebnis, die Frischmilch war dann bereits auf den Kleinbahn-Stationen gefroren. Von den auf dem Bahnhof zuständigen Bahnagenten wurden die Kannen bei Zugankunft in die Gepäckwagen verladen. Im Bahnhof Meißen Triebischtal angekommen, waren dann die Mitarbeiter der Molkerei zur Stelle und holten mit Handwagen die Milchkannen ab. Hatten die Milchzüge einmal wieder Verspätung, was ja im Winter genug vorkam, dann machte das Lokpersonal sich bei Einfahrt in den Bahnhof Triebischtal bemerkbar. Ein sehr lang gezogener Pfiff, dann gleich zwei kurze Pfiffe hinterher und die Leute in der Molkerei wussten Bescheid. „Endlich, die Milch ist da!“ Gerade in den von Hunger geprägten Nachkriegsjahren nach dem Zweiten Weltkrieg, war der Milchtransport für die Meißner Bevölkerung lebenswichtig!

Zuckerrüben, Bier und Zirkuswagen

Der Biertransport mit der Kleinbahn war ebenfalls selbstverständlich und gerade die Schwerter-Brauerei in Meißen sowie die ehemalige Brauerei in Taubenheim, transportierten Bierfässer und Kästen für Gaststätten und Kolonialwarenhändler auf der Schiene. Ein Hauptabnehmer war dabei zum Beispiel das bekannte Ausflugslokal Preiskermühle bei Garsebach. Sogar Privatpersonen wurden einst auf diese Art und Weise mit Getränken beliefert. Auf den einzelnen Stationen gab es dafür verschließbare alte Wagenkästen, die man als Gepäck-, Express- und Stückgutaufbewahrung nutzen konnte. Der zuständige Bahnhofsagent nahm also die Ware aus dem Gepäckwagen an und lagerte alles ein bis es schließlich abgeholt wurde. Selbst unser Meißner Wein wurde auf diese Art einst in die ganze Welt verschickt.

In der „Rübensaison“ war Hochbetrieb auf den beiden Strecken und es verkehrten täglich mehrere Güterzüge. Die Zahlen waren beachtlich, allein im Jahre 1910 wurden von Klipphausen aus 1.964 Tonnen Zuckerrüben verladen und zum Bahnhof Jaspisstraße gebracht. Von dort gingen die Rüben zur Güterstraßenbahn. Im Güterstraßenbahn-Depot an der Jaspisstraße wurden die Waggons auf Rollböcke gesetzt und eine Lok der Güterstraßenbahn fuhr die Waggons über die Talstraße und den Neumarkt, bis zum Elbkai unterhalb der Albrechtsburg. Der Weitertransport zur Zuckerfabrik erfolgte nun auf der Elbe, per Schiff.

Etwas ungewöhnlich klingt dann schon der Transport von Lumpen und Altpapier, doch war damals das Aufkommen groß. Die noch recht junge DDR hatte schnell eine gut funktionierende Sekundärrohstoffgewinnung aufgebaut. Recycling war damals kein Fremdwort, nur sagten wir eben SERO dazu. Ab dem Bahnhof Garsebach hat man vor allem die Produkte der ehemaligen Robschützer Papiermühle verladen und natürlich auch den schwarzen Pechstein aus dem nahen Steinbruch. Weiterhin hat es zeitweise den Transport von Zirkuswagen und Güterwagen mit Raubtieren, zum Güterbahnhof Meißen Jaspisstraße gegeben. Die einzelnen Wagen wurden von hier per LKW zum Spielort auf dem Juteplan gebracht.

Das Krematorium in Meißen bescherte neue Aufgaben

Man will es fast nicht glauben, doch auch die Beförderung von Verstorbenen in Särgen war gar nicht so selten. Verstorbene wurden ja außerhalb der Stadt meist auf dem Kirchfriedhof der Dörfer in der Form einer Erdbestattung beigesetzt. Als dann im Jahre 1931 das Krematorium in Meißen vollendet war, kam nun auch für das Meißner Umland, die Möglichkeit einer Feuerbestattung näher in Betracht. Nicht nur ein Sarg, sondern auch eine Urne mit der Asche des Verstorbenen, konnte nun auf dem heimischen Kirchhof bestattet werden. Nicht wenige wählten diese neue Art der Bestattung. Sicherlich war hier auch der finanzielle Aspekt ein wichtiger Grund dafür. Damals und besonders in den ersten Jahren der Nachkriegszeit, konnte das Krematorium Meißen, nur auf einen kleinen Fuhrpark zurückgreifen, der dazu mehr auf das Meißner Stadtgebiet zugeschnitten war. Die beiden Leichenwagen waren noch in privater Hand und bestanden aus einem „Elite“ aus dem Jahre 1926 mit Rechtslenkung und einem Ford „Rheinland“. Längere Fahrten übers Land waren damit kaum möglich, die Schmalspurbahn dagegen erreichte allerdings auch die kleinen Dörfer im Umland. Ältere Angestellte vom Bahnhof Meißen Triebischtal und Jaspisstraße, sowie ehemalige Lokführer und Zugbegleiter, berichteten oft über derartige Fracht aus Taubenheim, Polenz und Garsebach. Für die Bestatter aus dem Krematorium war die Fahrt zu einem der beiden Bahnhöfe im Triebischtal durchaus machbar. Nur der steile Anstieg in der Rauhentalstraße musste meist mit großer Ausdauer gemeistert werden.

Eine letzte Bahnfahrt übers Land

Gab es einen Sterbefall in der Familie, klärte man zunächst die Formalitäten mit dem Krematorium Meißen ab. Dabei gab man dann die fahrplanmäßige Ankunftszeit des Zuges im Bahnhof Jaspisstraße oder Meißen Triebischtal an, damit das Personal vom Krematorium den Sarg übernehmen konnte. Am Heimatort gaben die Hinterbliebenen beim Bahnhofsagenten an, wann und mit welchem Zug der Sarg nach Meißen transportiert werden soll. Das war in der Regel auch kurzfristig möglich. Der Sarg musste pünktlich beim Abfahrtsbahnhof dem Bahnhofsagenten übergeben werden und natürlich den gültigen Vorschriften entsprechen. Der Bahnhofsagent organisierte das Verladen in den Zug und übergab die Papiere dem Zugführer. Die eventuellen Begleitpersonen nahmen dagegen im Personenwagen Platz. Während der Beförderung galt der Verstorbene im Gepäckwagen als Transportgut und es waren die entsprechenden Gebühren dafür zu bezahlen. Kam der Zug in Meißen an, standen die Leute vom Krematorium Meißen meist schon bereit, um den Verstorbenen zu übernehmen. Normalerweise wurde mit der Übergabe aus dem Zug noch gewartet bis die letzten Reisenden den Bahnsteig verlassen hatten. Der alte Ford „Rheinland“, Baujahr 1934, noch einer der privat betriebenen Leichenwagen, brachte den Verstorbenen schließlich in das Krematorium zum Einäschern. Die Urne mit der Asche konnte später entweder mit der Post oder ebenfalls mit der Kleinbahn ganz unkompliziert an den Heimatort versendet werden. Hier fand die Feier nebst Beisetzung in den Kreisen der Hinterbliebenen statt.

Ab und an konnte man mit der Beförderung im Zug, auch so manchen alten Eisenbahner die letzte Ehre erweisen. Der Sarg stand dann meist an der halb geöffneten Tür vom Gepäckwagen und die bunten Wiesen, Wälder und Felder zogen nochmals in langsamer Fahrt am ehemaligen Kollegen vorbei. Mit einem langgezogenen Pfiff grüßte selbst die Lokomotive ein letztes Mal und wünschte eine gute Weiterfahrt in die Ewigkeit.

Reiner Graff

Quellen und Literatur:

Auskünfte von ehemaligen Mitarbeitern der Molkerei Meißen. Auskünfte von ehemaligen Mitarbeitern sowie Aufzeichnungen aus der Betriebsgeschichte vom Krematorium Meißen. Peter Wunderwald, Wolfram Wagner, Udo Jankowski, „Die Schmalspurbahn Meißen Triebischtal – Lommatzsch“, Wunderwald Bahnbücher, 2016.

Im Buch von Peter Wunderwald und Wolfram Wagner, „Die Schmalspurbahn Wilsdruff – Meißen Triebischtal, Wunderwald Bahnbücher, 2019, beschreiben beide Autoren umfangreich den abgewickelten Binnengüterverkehr und sonstige Transportgüter in den Betriebsjahren bis zur Stilllegung 1966. Darin wird im Kapitel 5 (Transport und Verkehrsaufkommen), über den Transport von Leichen in Särgen berichtet.

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